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Farmstay in Chile als Paar | Teil 1

Unsere Erfahrungen auf einem Landgut in Patagonien

Endlich mal weg vom Computer, weg aus der Stadt, mit den Händen arbeiten. In der Erde wühlen, Tiere füttern, nebenher noch Spanisch lernen und die chilenische Kultur kennenlernen. Das haben wir uns von unserem dreiwöchigen Farmstay in Chile erhofft und erwartet. Wie es tatsächlich wurde – und welche Tipps und Erfahrungen wir von dort mitgebracht haben…

Südchile. Es ist 10 Uhr. Ein normaler Wochentag. Vor mir steht eine Schüssel mit Erbsen, die aus ihren Schoten befreit werden wollen. Der Blick aus dem Küchenfenster: Ein Kondor kreist über dem Hühnerstall, weiter hinten glitzert das Wasser des Fjords. Ich sehe ein Boot. Meine Gastmutter – die Farmersfrau – am Kochtopf folgt meinem Blick. „Jeden Tag fährt ein Boot voll mit Touristen da raus“, erklärt sie mir (auf Spanisch), „Zum Gletscher. Die Aussicht und ein typisch chilenisches Mittagessen genießen. Die Tour kostet 80.000 Pesos.“ Das sind etwa 110 Euro. Wow, denke ich, wie viel Glück wir haben! Wir packen knapp einen Monat für Unterkunft und jede Menge leckeres chilenisches Essen hier auf der Farm mit an. Genießen jeden Tag die Aussicht auf den Fjord und die Berge, fühlen uns nicht wie Touristen, zahlen kein Geld. Ein Farmstay in Chile – das war unsere beste Entscheidung überhaupt, denke ich in diesem Moment. Doch alles auf Anfang… wie sind wir hier gelandet?

Die Idee: Warum ein Farmstay in Chile?

Für ein paar Monate gemeinsam als Paar nach Südamerika. Diese Idee geisterte schon lange in unseren Köpfen herum. Aber Südamerika ist groß. Wohin also? Chile zog uns magisch an. Mit den Anden, die das Land durchziehen, der Atacamawüste im Norden und der einzigartigen Landschaft Patagoniens im Süden. Chile gilt obendrein als eines der sichersten Reiseländer Südamerikas: die Kriminalitätsrate ist gering, die Wirtschaft stabil. Gute Sache, fanden wir, und hätten sofort die Rucksäcke gepackt. Doch einen „Nachteil“ hat Chile: Das Preisniveau ist im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern relativ hoch. Ein Hostelbett im Schlafsaal kann in Patagonien gerne mal 20 bis 25 Euro pro Nacht kosten, ein ordentliches Sandwich um die 6 Euro. Da hätte unser Budget nur für einen kurzen Urlaub gereicht. Wie also trotz unseres dünnen Geldbeutels viel erleben, Land und Leute authentisch kennenlernen? Unsere Lösung war schnell gefunden: Farmarbeit. Mit anpacken – für „Kost und Logis“ (Essen und Unterkunft). Und dabei mehr als „nur“ Tourist sein. Klang perfekt!

Wie planen wir einen Farmstay in Chile?

Doch wie in die Tat umsetzen? Um einen Farmstay auf eigene Faust zu organisieren, gibt es mehrere gute Websites. Ein paar Beispiele: WWOOF, HelpX und Workaway. Das sind Webportale, über die Helfer und Gast- bzw. Arbeitgeber zusammenfinden können. Die „hosts“ – also Gastgeber – bieten einen Schlafplatz und Verpflegung an, im Tausch gegen Hilfe auf ihren Farmen, Landgütern, Höfen… Jede der genannten Plattformen hat ihre Vor- und Nachteile, über die man individuell entscheiden muss. Allen gemeinsam ist, dass man sich für etwas Geld registrieren muss, um hosts kontaktieren zu können.

Wir haben uns für Workaway entschieden. Das ist mit 36 Dollar für ein Jahr zwar teurer als HelpX (20 Euro für zwei Jahre) und nicht ganz so populär wie WWOOFen, aber für unsere persönliche Situation war Folgendes entscheidend: Man kann für 46 Dollar einen Paar-Account einrichten und sich so immer gleich zu zweit bei hosts bewerben. Außerdem gefiel uns bei Workaway die Vielfalt der Gastgeber: Man findet hier auch alles Mögliche fernab von Farmarbeit, zum Beispiel Hostels oder Sozialeinrichtungen, die freiwillige Helfer suchen. Das passte gut zu unserem Plan, nach dem Farmstay in Chile noch in die Nachbarländer zu reisen und in anderen Bereichen zu jobben. Bei „WWOOF“ (World Wide Opportunities On Organic Farms) entscheidet man sich hingegen für ein bestimmtes Zielland und kauft eine umfangreiche Liste mit den Kontaktdaten organischer Farmen, die Freiwillige aufnehmen. Für Chile kostet diese Liste 40 Dollar für Alleinreisende, 55 Dollar für Zu-Zweit-Reisende.

Erster Schritt: Wie stellt man Kontakt zu den Farmen her?

Etwa zweieinhalb Monate vor unserem Abflug haben wir ein Profil mit Fotos von uns bei Workaway angelegt und angefangen, uns durch die Workaway-Profile von hosts zu klicken. Die Suche eingeschränkt auf „Chile“ und vor allem nach Farmen im Süden des Landes Ausschau gehalten. Schnell haben wir festgestellt: Farm ist nicht gleich Farm. Es gibt in Chile viele „Estancias“, familiengeführte Landgüter, aber auch große Farmen, auf denen industrieller gearbeitet wird, sowie „Huertas“, Gemüsegärten für Eigenbedarf und lokale Märkte. Wir hatten nach einigen Stunden vor dem PC unsere Favoriten gefunden – vor allem familiäre „Estancias“ mit Schafzucht. Dann ging es daran, persönliche Nachrichten zu formulieren. Auf Spanisch natürlich. Wir haben beschrieben, warum wir gerne genau dort mit anpacken möchten, wann wir kommen könnten, was wir zu Hause machen, welche Erfahrungen mit Farmarbeit wir haben (keine – nur einen kleinen Balkon mit Kräutern und großen Lernwillen). Nachdem wir die Mails abgeschickt hatten, hieß es: Abwarten und Daumen drücken. Und wir hatten Glück. Nach vier Tagen kam eine Zusage.

Intuition: Worauf achten beim Kontakt vorab?

Eine kleine Farm in Patagonien sollte es werden. Das Workaway-Profil war übersichtlich und machte klar, was und wer uns erwartete: Ein Ehepaar mit zwei Töchtern, viele Schafe (deren Wolle und Lammfleisch das Einkommen der Familie sichern) und einige Kühe. Alles abgelegen auf einer Halbinsel im südlichsten Patagonien, umgeben von Fjorden, 45 Auto- und 15 Bootsminuten vom nächsten Ort entfernt. Ein Abenteuer. Der E-Mail-Kontakt im Vorfeld war nett, konkret und verbindlich. Alle unsere Fragen wurden beantwortet. Telefonnummern wurden ausgetauscht. Das hat uns ein gutes Gefühl gegeben und die Angst minimiert, später irgendwo am Busbahnhof zu stehen, ohne abgeholt zu werden. Auch die Feedbacks anderer „Workawayer“ (im Profil des hosts zu finden) waren positiv. Zwei Wochen vor Ankunft hat die Familie dann noch mal per WhatsApp bei uns nachgefragt, ob alles wie geplant klappt. Der Idealfall. Wir hatten ein gutes Gefühl – es konnte losgehen!

Die Formalia: Was ist mit dem Visum?

Unsere Farm war also gefunden, Check. Nun galt es, das „Drumherum“ zu organisieren und Formalia zu klären. Brauchen wir ein Visum? Die Frage war in unserem Fall schnell vom Tisch, weil wir insgesamt nur etwa zehn Wochen in Chile verbringen wollten. Für touristische Aufenthalte bis zu 90 Tagen braucht man als deutscher Staatsbürger in Chile kein extra Visum. Es reicht das Touristenvisum, das man automatisch bei Einreise erhält. Wenn man beim Arbeiten auf Farmen oder anderswo allerdings Geld verdienen möchte, muss man sich im Vorfeld um ein entsprechendes Visum kümmern. Für Chile gibt es seit 2014 ähnlich wie beispielsweise für Australien und Kanada ein Working-Holiday-Visum, mit dem unter 30-Jährige bis zu einem Jahr in Chile jobben können.

Hier weiterlesen:

>> Teil 2 | Als Paar zum Farmstay nach Chile: Wenn Erwartungen auf Realität treffen…

Weitere Farmarbeit-Erfahrungsberichte lesen…

>> Alle Farmarbeit-Berichte

Programmtipps für Chile:

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